Dieser Artikel ist quasi prophylaktisch geschrieben, da mit der Wahl eine Welle von Aktivisten über uns hereinbrechen wird, die meinen, dass ihre Meinung mal wieder mehr Wert, oder das gleiche (quasi noch schlimmer) wert wäre wie die echter Experten. Bevor ich das nächste Mal einen wissenschaftlichen Erguss unter das Gekritzel eines Vollidioten posten muss, lieber einmal hier.
Ja, das Internet ist mal wieder dumm genug, um die simpelste Regel der Statistik zu vergessen: Korrelation ist nicht Kausalität. Aber hey, wer braucht schon gesunden Menschenverstand, wenn uns irgendeine schräge Grafik auf der Timeline erzählt, dass „X“ garantiert „Y“ auslöst – nur weil die beiden Kurven so herrlich parallel sind?
Kleines Best-of gefällig? Auf der Seite von Tyler Vigen (siehe https://www.tylervigen.com/spurious-correlations) gibt’s feinste Daten-Snacks wie:
- Per-Kopf-Käsekonsum korreliert mit Menschen, die sich in ihren Bettlaken verheddern. Offenbar bedeutet mehr Gouda auch mehr textile Trägödien.
- Manche klingen recht überzeugend:
Aber dann gibt es noch diese hier:
Diese Beispiele brüllen förmlich: „Kombiniere nichts, das nichts miteinander zu tun hat.“ Trotzdem kreieren Internet-Hobbits weiterhin super gefestigte Verschwörungstheorien aus Grafiken, weil bunt und Balken. Wer braucht schon Seriosität, wenn’s Statistiken gibt, man sich so herrlich zusammengefälscht hat?
Also, liebe Datendetektive: Einfach mal die Füße stillhalten, bevor ihr beliebige Excel-Spalten in Kausalität zwängt. Ja, es ist fies: Lustige Zufälle machen noch lange keine wissenschaftliche Entdeckung. Aber irgendwer muss euch das sagen, bevor ihr die nächste diabolische Daten-Theorie austüftelt und damit das Netz volldröhnt. Korrelation ist eben nur das: Zufall – und nicht der Grund, warum ihr heute Morgen zu spät aufgestanden seid.
Laut Tom Nichols „The Death of Expertise“ sind wir in einer Ära, in der alle glauben, dass ihr persönliches Bauchgefühl jeder Fachmeinung überlegen ist. Warum also überhaupt noch diskutieren? Jeder, der kurz googeln kann, ernennt sich selbst zum Fachmann und haut – streng nach dem Motto „Ich weiß zwar nichts, aber das sehr laut“ – seine vermeintliche Wahrheit raus. Das Ergebnis: In den Kommentarspalten wird’s so toxisch wie Zeit mit meiner Exfreundin – bis man merkt, dass sie kognitiv unbewaffnet sind, vergeht eine gewisse Zeit, in der sie einen mit kruden Hypothesen verwirren..
Der Trick, um deinen Verstand zu schützen und nicht in sinnlose Diskussionen mit Gemüse zu geraten, lautet: Frag dich, ob dein Gegenüber wirklich was draufhat oder einfach nur Wind macht. Wenn es am Fachwissen hapert (Spoiler: fast immer), spar dir die Zeit. Denn das Web macht es einem leicht, zwischen seriösen Quellen und Schabernack-Statistiken zu wählen – die meisten entscheiden sich halt lieber für den Unsinn, weil er besser zur Story passt. Peer-review schlägt die singuläre Observation einzelner Idioten allerdings jedes Mal.
Also: Lass die Finger von wilden Diskussionen mit Internet-Rando Nr. 541. Geh lieber ’ne Runde Käse schnabulieren, ohne gleich zu fürchten, im Bettlaken zu ersticken, nur weil Statistik es so sagt. Korrelation ist nicht Kausalität, und deine kostbare Lebenszeit ist zu kurz, um sie mit Menschen zu vergeuden, die „Experten“ spielen, während sie im Pyjama auf ihrer Couch sitzen.
Bonus:
Auch wenn das hier einen eigenen neuen Artikel erfordert, sind eine Mehrzahl aller Missverständnisse auf folgende Fallacies – Fatale Fehleinschätzungen – zurückzuführen. Vielleicht sollte man also erst prüfen, ob man nicht selbst der Klon ist?
- Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Man klammert sich an Infos, die das eigene Weltbild bestätigen, und ignoriert sämtliche Fakten, die widersprechen. Wer gern an Einhörner glaubt, findet überall glitzernde Hufe.
- Verfügbarkeitsheuristik (Availability Heuristic): Das, was einem spontan in den Kopf kommt, hält man prompt für die Wahrheit. Wenn die Nachrichten ständig von Flugzeugabstürzen berichten, glaubt man gleich, dass Fliegen brandgefährlich ist – statistisch ist eher der Weg zum Flughafen riskant.
- Strohmann-Argument (Straw Man): Man verdreht oder übertreibt die Argumente des Gegenübers, damit es leichter zu zerlegen ist. „Du magst keine Katzen? Also willst du, dass alle Katzen aussterben! Unmenschlich!“
- Falsches Dilemma (False Dichotomy): Es werden nur zwei Optionen präsentiert, obwohl es weitaus mehr gibt. „Entweder bist du für meinen Verschwörungsquatsch oder für die böse Großindustrie!“ Klar, es gibt natürlich keine dritte Möglichkeit.
- Ad Hominem: Statt über Argumente zu reden, geht’s auf die Person los. „Du hast doch keine Ahnung, du hast ja ’nen komischen Pulli an!“ Und plötzlich ist das sachliche Gespräch im Eimer.
Und jetzt: fröhliches Streiten! Der Baum der Freiheit muss ab und zu mit dem Blut von Internet-Kommunisten getränkt werden.
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