10. November 1983, der Russe hat es übertrieben und wird jetzt untergehen.
Während die Sirenen durch den ganzen Raketenstartkomplex hallen, machen sich du und dein Partner daran, den Start eurer Minuteman III Atomrakete voranzutreiben. Alle Moskauer ohne Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 10.000 werden heute einen richtig schlechten Tag haben.
Während der 100t schwere Stahldeckel des Raketensilos geöffnet wird, kommt in dir langsam ein ungutes Gefühl auf: du hast dein Passwort vergessen..
Du wachst auf.
Puh, verrückter Traum.
Ein Hämmern an der Tür zu eurem Raleten-Kontrollraum hat dich aus dem Traum gerissen und wird immer dröhnender: vor dem Raketensilo sammelt sich gerade eine Armee voller Terroristen mit deutschen Akzenten, die euch hijacken wollen, um die Welt mit eurer Atomrakete als Geisel zu nehmen. Du hast den roten Knopf vor dir und eine Horde verrückter Bösewichte will unbedingt an diesen Knopf. Was tust du?
Die Geschichte der PALs: Von Kennedy bis Heute
Nun, das Pentagon hatte denselben Alptraum und erfand den “Permissive Action Link” (PAL), um sicherzustellen, dass niemand außer den richtigen Autoritäten nukleare Waffen zünden kann. Stell dir vor, dass dieser PAL wie ein hochmoderner Safe mit einem ultrageheimen Code ist – nur dass der Inhalt dieses Safes eine Sonne mit Lieferservice ist.
Die Geburtsstunde der Permissive Action Links liegt in den frühen 1960er Jahren, als Präsident John F. Kennedy 1962 das National Security Action Memorandum 160 unterzeichnete. Dies war eine Direktive zur Installation von PALs in allen amerikanischen Nuklearwaffen in Europa. Diese Maßnahme war eine Reaktion auf die steigende Besorgnis über die Sicherheit und Kontrolle der Waffen während des frühen Kalten Krieges, als es jedem einzelnen Einheitskommandeur möglich gewesen ist, einen taktischen Atomschlag zu befehlen.
Anfangs hatten viele dieser Waffen mechanische Schlösser – ja, wie bei deinem alten Fahrrad. Die Briten hatten sogar garkeine Sicherungen, da es “gegen die Ehre des englischen Offiziers und Gentleman” wäre, Atomwaffen ohne Befehl einzusetzen.
Doch diese Sicherheitsmaßnahmen waren in der Tat so gut, wie ein Sieb gegen Wasser schützt. Tatsächlich wurden einige dieser frühen Sicherheitscodes auf „00000000“ gesetzt, um die Praktikabilität zu gewährleisten – ein Passwort, das selbst dein achtjähriges Ich geknackt hätte.
Die skurrile Episode der „00000000“-Passwörter
Ja, du hast richtig gelesen. In den 1960er Jahren entschied sich das Strategic Air Command (SAC) in Omaha, Nebraska, stillschweigend dafür, die Codes für die nuklearen Sprengköpfe auf „00000000“ zu setzen. Sicherlich auf Anweisung des großartigen General Curtis E. LeMay – einem Mann, von dem wir auf dieser Website noch viel hören werden. Die Begründung? Die Angst, dass im Ernstfall die echten Codes nicht schnell genug verfügbar wären, um den Ivan rechtzeitig auszuräuchern! Dieses geniale Sicherheitsmanöver blieb tatsächlich bis 1977 in Kraft.
Die Idee, die Sicherheit der gesamten nördlichen Hemisphäre auf ein Passwort aus acht Nullen zu setzen, ist so absurd, dass man glauben könnte, es sei direkt aus „Dr. Strangelove – Oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“. In der Tat kann man sich jeden einzelnen Bond-Bösewicht vorstellen, wie er vor Lachen stirbt, als er von dieser groben Fahrlässigkeit erfährt.
Wie PALs Funktionieren: Die Technologie hinter dem Schutz
Ein Permissive Action Link ist im Wesentlichen ein elektronisches Schloss, das eine nukleare Waffe nur dann scharf schaltet, wenn der richtige Code eingegeben wird. Diese Codes sind natürlich geheim, werden täglich gewechselt und können nur von autorisiertem Personal genutzt werden. Die Codes alleine nutzen einem also nichts, wenn der Mensch auf der anderen Seite der Funkstrecke einen nicht erkennt. PALs sind so konzipiert, dass jede Manipulation so schwierig ist, dass man eher eigene Atomwaffen entwickeln könnte, als die Sicherheit einer gestohlenen zu umgehen.
Moderne PAL-Systeme verwenden eine Kombination aus Software- und Hardware-Komponenten, um sicherzustellen, dass selbst bei einem physischen Angriff oder durch technisches Hacking die Waffe nicht aktiviert werden kann. Ein wesentlicher Teil dieser Technologie ist das Code Management System (CMS), das 1995 entwickelt wurde und 2001 vollständig operationell war. Dieses System ermöglicht es, die Codes zu aktualisieren, die Waffen zu sperren und sicherzustellen, dass nur autorisierte Starts erfolgen können.
Die “Two-Man Rule” und Andere Sicherheitsmaßnahmen
Die “Two-Man Rule” ist eine weitere Sicherheitsmaßnahme, die sicherstellt, dass keine einzelne Person allein eine nukleare Waffe abfeuern kann. Dies bedeutet, dass zwei autorisierte Personen gleichzeitig ihre Schlüssel drehen müssen, um den Startvorgang zu initiieren. Diese Maßnahme wird sowohl bei landgestützten Raketen als auch auf U-Booten und in Bombern angewendet.
Zusätzlich zu den PALs und der “Two-Man Rule” gibt es weitere Mechanismen wie “strong links” und “weak links”. Diese sorgen dafür, dass die Waffe bei physischen Schäden nicht aktiviert wird. Beispielsweise wird durch ein starkes Schütteln oder durch Feuer die elektronische Sicherheit so manipuliert, dass die Waffe nicht detoniert, sondern in einen sicheren Zustand versetzt wird.
Der nukleare Football: Höllenfeuer aus der Aktentasche
Vielleicht hast du schon von dem legendären „nuklearen Football“ gehört, den der US-Präsident ständig in seiner Nähe hat. Diese unscheinbare schwarze Aktentasche, enthält die notwendigen Kommunikationsmittel und Codes, um einen nuklearen Angriff zu autorisieren. Sie wird ständig von einem Militärangehörigen (wie in dieser JAG-Folge..) getragen, der dem Präsidenten auf Schritt und Tritt folgt (zumindest bis vor das WC). Diese Tasche enthält detaillierte Notfallpläne, Kommunikationsgeräte und die berühmten „Gold Codes“, die der Präsident verwenden muss, um die Startsequenz für Nuklearwaffen zu initiieren.
E-4B Nightwatch und E-6 TACAMO: Die Wächter des Himmels
Neben den bodengestützten Sicherheitsmaßnahmen spielen auch spezialisierte Flugzeuge eine entscheidende Rolle bei der Sicherung des US-Atomarsenals. Die E-4B Nightwatch ist eine militärische Variante der Boeing 747 und eine Art Air Force One für den Ernstfall. Die E-6 TACAMO (“Take charge and move out”) sind speziell ausgerüstete Flugzeuge, die als fliegende Kommandozentralen fungieren. Diese Flugzeuge sind mit modernsten Kommunikations- und Kontrollsystemen ausgestattet (und werden deswegen auch “Looking Glass” genannt), die es dem US-Militär ermöglichen, auch im Falle eines Ausfalls der gesamten Bodeninfrastruktur (durch atomare ..Fremdeinwirkung) die Kontrolle über die eigenen Atomwaffen zu behalten. Sie sind ständig in Bereitschaft und können im Falle eines Angriffs oder einer Krise sofort eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Kommandostruktur intakt bleibt und die nuklearen Abschreckungskräfte effektiv koordiniert werden. Also alle nötigen Knöpfe gedrückt werden, um irgendeinen Teil der Welt auf Werkseinstellung zurückzusetzen.
Die Zukunft der PALs: Kontinuierliche Verbesserungen und Herausforderungen
PAL-Systeme werden kontinuierlich weiterentwickelt, um den neuesten Sicherheitsstandards zu entsprechen und gegen neue Bedrohungen gewappnet zu sein. Beispielsweise werden modernere Radionukleidbatterien verwendet, die die notwendige Energie liefern und dabei wartungsarm sind. Man wird also nicht darauf warten können, dass dem Ding der Strom ausgeht. (Während man wahrscheinlich eh nach dem Diebstahl einer Atomwaffe die Special Ops-Kräfte der halben Welt am Hacken hat..)
Mit der Zeit wurden die Systeme immer ausgeklügelter, um nicht nur gegen physischen, sondern auch gegen elektronischen Missbrauch geschützt zu sein. Die Einführung neuer Technologien und die Anpassung an aktuelle Bedrohungslagen sind fortlaufende Prozesse, die sicherstellen, dass die nuklearen Arsenale unter strengster Kontrolle bleiben.
Die unsichtbaren Helden der nuklearen Sicherheit
Permissive Action Links sind Werkzeuge, die im Schatten arbeiten, um sicherzustellen, dass die Welt nicht in nuklearem Chaos versinkt. Sie sind die letzte Verteidigungslinie gegen unbefugte Nutzung und die Verkörperung technologischen Einfallsreichtums im Dienste der Menschheit. Mit fortlaufender Forschung und Entwicklung bleibt die Sicherheit dieser Systeme wichtig, um sicherzustellen, dass die Macht der Zerstörung alleine in den richtigen Händen liegt:
Unseren.
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