Ein einsamer Plasma‑Physiker behauptet seit 2011, dass zwei antike Zivilisationen auf dem Mars – die „Cydonier” und die „Utopier” – von planetenweiten Kernwaffen-Einschlägen ausgelöscht wurden.
Roter Planet, rote Linie
Stellt euch vor, Michael Bay, Erich von Däniken und Fox Mulder würden betrunken ein TikTok‑Video drehen: heraus käme Brandenburgs Bombe – die These, ein kosmischer Krieg hätte den Mars gegart wie ein galaktisches Grillhähnchen. Seither wabert der Mythos durchs Netz wie ein radioaktiver Rave. Doch wir von VTK‑Magazine knallen jetzt das Pop‑Kultur‑Periskop auf Vollzoom und fragen:
Ist das Kern‑Kino eine knallharte Kosmo‑Katastrophe, oder Click‑Clowning?

Die These des Thermo‑Terminator‑Terraformings
1. Brandenburg – der Bombast‑Barde
Dr. John Brandenburg, Harvard‑geprüfter Plasma‑Physiker, veröffentlichte 2011 ein Paper mit dem klingelnden Titel “Evidence of a Massive Thermonuclear Explosion on Mars”. Darin zeichnet er ein Double‑Feature apokalyptischer Atompilze über den Regionen Cydonia und Utopia.
Warum?
- Überdosis Xenon‑129 in der Atmosphäre
- Krypton‑80‑Kreaturen in Orbiter‑Daten
- Uran‑Thorium‑Trumpf im Gamma‑Spektrometer
Brandenburgs Fazit: „Mars wurde massakriert – wahrscheinlich von feindlichen Aliens, vielleicht von den Hirn-Heinis aus Mars Attacks!”

2. Die virale Wiederauferstehung
2014 schluckte das Internet die Story wie Gummibärchen mit Geschmack „Chernobyl Sour”. Vice hievte sie unter dem herrlich hysterischen Titel „Were ancient Martians murdered by nuke‑dropping aliens?” in die Meme‑Hall of Flame. Seither hüpft sie saisonal durchs Social‑Media‑Sushi‑Band wie die Szechuan Soße von Mc Donald’s.
Xenon‑129 – X‑Men‑Isotop oder X‑beliebiger Prozess?
1. Was ist Xenon‑129 überhaupt?
Xenon‑129 ist das radiogene Love‑Child des radioaktiven Jods – normalerweise Nebenprodukt von Kernspaltung. Auf Erde = Bonanza im Bikini‑Atoll. Auf dem Mars? Überraschend hoch, berichtet NASA.

2. Brandenburgs Bomben‑Logik
Sein Argument: „Viel Xe‑129 = irgendwer hat nuklear genuked.” Zitat aus seinem Paper: „…resembles hydrogen‑bomb tests on Earth.”
3. NASA schlägt zurück (mit Daten)
Der Curiosity‑Rover nahm 2016 per SAM‑Instrument alle Xenon‑Isotope unter die Lupe. Ergebnis: Neutronen‑Flux aus kosmischen Strahlen haut Barium‑Atome im Oberflächenstaub zu Krüppeln, Xenon fischt die frei gewordenen Neutronen – Boom, Xe‑129‑Bonus ohne Bombardement. Ein Paper in Earth & Planetary Science Letters bestätigt die neutrale Neutronen‑Nummer.
Rostroter Reality‑Check – Warum Mars wirklich blutet
1. Rost‑Rave vs. Radio‑Ruß
Mars ist rot, weil Eisenoxid überall rumschmirgelt. Space.com erklärt schon seit Jahren, dass das planetare Pulver durch Wind‑Sand‑Schmirgel in Rostrot mutiert. Neuere Studien mixen Basalt mit Ferrihydrit und kriegen exakt denselben Farbton.
Kurz: Schleifpapier statt Sprengkopf.
2. Kugelblitz‑Konter
Wired erinnert daran, dass selbst trockene Reibung roten Staub erzeugt – kein Wasser, kein Waffensystem nötig.
3. Keine Spur von Mad Max Rocket-anski
Nicht ein einziger Rotten Raptor raubt einem da die Bottlecaps aus den Taschen!
CIA, Cydonia, Clickbait, Remote‑Viewing‑Rumpelkammer
1. Stargate, nicht Star Wars
Ja, die CIA ließ 1984 Hellseher*innen „den Mars vor 1 Mio. v. Chr.” betrachten. Das 9‑Seiten‑PDF ist frei verfügbar.

Die Visionen? Obelisken, Pyramiden, Gefühl von „Unheilbarer Depression” – klingt nach Montagmorgen ohne Kaffee. Beweiswert? Ungefähr so belastbar wie ein Hoverboard auf Butter.
2. Cydonia – das Face‑Palm‑Face
APOD zeigt seit 2007 das 3‑D‑Modell des „Mars‑Gesichts” und entzaubert es als harmlosen Hügel. NASA‑Radar knallte 25 cm‑Pixel‑Power drauf und fand null Aliens, null Schrapnell – nur Sediment.
Wissenschaft vs. Wunschdenken
Behauptung Brandenburg | Konter der Daten |
---|---|
Zwei nukleare Luftdetonationen | Keine Glas‑Schmelz‑Layer, keine globalen Fallout‑Signaturen |
Uran/Thorium‑Hotspots = Fallout | Gamma‑Spektrometer zeigt natürliche Konzentrationen, erklärbar durch vulkanische Differentiation |
Xe‑129 = Bombenrauch | Neutron‑Capture im Regolith erzeugt selben Isotopen‑Snack |
CIA‑Remote‑Viewing = Evidenz | Alter.. |
Absolut keine Punks in Leder-Chaps! |

Phil Plait („Bad Astronomy”) und andere Skeptiker haben Brandenburgs Argumente mehrfach filetisiert, während Universe Today den „nuclear‑Mars‑Mythos” als „fringe” etikettiert.
Was wir daraus lernen
- Isotope ≠ Interkontinentalrakete: Hohe Werte können aus langweiligen, aber legitimen geochemischen Küchen stammen.
- PDF ≠ Peer‑Review: Das Journal of Cosmology druckt schneller als ein thermaler Tintensprinter – Qualitätskontrolle optional.
- CIA ≠ CSI: Remote‑Viewing war Kalter‑Krieg‑Kuriositätenkabinett und die CIA kein kosmisches Kriminalamt.
- Pop‑Panik verkauft: Mars‑Massaker‑Memes klicken besser als „Neutronen nudeln Xenon”. Keine Wasteland Warriors im Orbit.

Nukleare Nacht oder Nerd‑Nervensäge?
Ihr lieben Laser‑Lemminge, wenn der nächste YouTube‑Guru mit leuchtenden Augen von „Xenon‑X‑Files” faselt, erinnert euch an den dreifachen S: Staub, Strahlen, Statistik. Mars trägt Rost‑Rouge, nicht Fallout‑Foundation. Xenon‑129 ist der kosmische Kuh‑Furz des Sonnenwindes, nicht der Nachhall eines Alien‑Armageddons. Und die CIA‑Seher*innen? Bestenfalls galaktische Glückskeks‑Gurus.
Der einzige atomare Angriff, den Mars je erlebt hat, ist der nukleare Cocktail aus Spekulation, Sensationslust und Sci‑Fi‑Sehnsucht
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